„Burnout“ ist keine Krankheit
Pressemitteilung von: Frankfurter Zukunftsrat e. V.
06.03.2013, Frankfurt: Immer mehr im Berufsleben stehende Menschen erleben sich als „ausgebrannt“. Dies weist auf ein zunehmendes gesellschaftliches Unwohlsein hin.
Der „Stressreport Deutschland 2012“ von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin beschäftigt sich mit diesen Problemen und vermeidet dabei bewusst den Begriff „Burnout“. Der Frankfurter Zukunftsrat hingegen hat sich in mehreren Sitzungen dem Begriff als solchem gewidmet. „Burnout“ ist ernst zu nehmen, darf aber nicht zur Modekrankheit degradiert werden. Deshalb muss zwischen den Begriffen „Burnout“ und „Depression“ unterschieden werden.
Der Zukunftskreis „Gesundheit und Alter“ unter Leitung von Prof. Dr. Christian E. Elger, Direktor der Klinik für Epileptologie der Universität Bonn, in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. phil. Dr. med. Andreas Hillert, Chefarzt der Schön Klinik, Roseneck, präsentierte gemeinsam mit Kristina Gräfin Pilati, Fachanwältin für Familienrecht und stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Frankfurter Zukunftsrats, in der heutigen Pressekonferenz folgende Thesen:
1. „Burnout“ ist keine Krankheit, sondern eine Mode- und Selbstdiagnose.
Klare objektivierbare äußere Kriterien fehlen. Trotzdem wird der Begriff in der öffentlichen Diskussion oftmals fälschlich als medizinisches Krankheitsbild behandelt und wahrgenommen, begleitet von vielen seriösen und unseriösen Präventionsangeboten.
2. Ein „Burnout-Erleben“ gab es schon immer, nur der Begriff ist neu.
Dahinter können sich unterschiedliche psychiatrische Erkrankungen (z. B. Depressionen) verbergen, die klar diagnostizierbar und gut behandelbar sind.
3. Arbeit per se macht nicht krank.
Die Ursache für ein „Burnout-Erleben“ ist nicht ausschließlich in Unternehmen und Institutionen oder in der Arbeitswelt allgemein zu suchen. Es ist oftmals die Folge
unzureichender Strategien im Umgang mit beruflichen Belastungen, wobei oft private Belastungen zusätzlich erschwerend hinzukommen.
4. Um einem „Burnout-Erleben“ vorzubeugen, bedarf es einer Unternehmenskultur, die sich an menschlichen Grundwerten orientiert.
Dabei sollen wirtschaftliche Aspekte nicht unberücksichtigt bleiben. Daher ist es unerlässlich, eine gelebte Balance zwischen Wirtschaftlichkeit bzw. Wettbewerbsfähigkeit einerseits und Unternehmensethik andererseits zu finden.
5. Ein angstfreies Miteinander in Unternehmen kann nur über die interne Unternehmenskommunikation realisiert und gefestigt werden.
Psychosoziale Belastungssituationen sollen offen angesprochen werden können, ohne Sanktionen befürchten zu müssen.
6. Eine Professionalisierung im Umgang mit den oft unvermeidbaren psychosozialen Belastungen ist notwendig. Selbstkompetenz und Eigenverantwortung im privaten Bereich und in der Arbeitswelt machen „Burnout-Konstellationen“ weniger wahrscheinlich.
Diese Pressemitteilung wurde auf openPR veröffentlicht.
Prof. Dr. Manfred Pohl
Frankfurter Zukunftsrat e. V.
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Das Burn-out-Syndrom
Das Burn-out-Syndrom umschreibt einen Zustand völliger Erschöpfung, der mit gesundheitlichen Problemen einhergeht. Meist führt konstanter physischer oder psychischer Stress in Kombination mit überzogenen Leistungserwartungen und dem Verlust der Fähigkeit sich zu erholen zu einem Burn-out-Syndrom. Betroffen sind häufig Menschen, die sich sehr engagieren, hoch motiviert und perfektionistisch sind.
Symptome
Erste Warnsymptome sind: chronische Müdigkeit, Energiemangel, erhöhte Unfallgefahr. Äußere Umstände wie Überforderung durch die Quantität der Arbeit oder Kräfte zehrende Sozialkontakte können eine anfängliche Euphorie in Resignation umkehren. Dann erscheint die Situation ausweglos, das Gefühl der Überforderung und Erschöpfung nimmt überhand. Es kann es zu psychovegetativen und psychosomatischen Störungen kommen: Schlaf- und Essstörungen, Kopfschmerzen, Verspannungen, Verdauungsstörungen, Schwächung des Immunsystems, Kreislaufbeschwerden, allgemeine Erschöpfung. In Freizeit- oder Urlaubsphasen kann man sich nicht mehr entspannen beziehungsweise nimmt Alkohol, Beruhigungsmittel oder Drogen zu Hilfe. Daneben können sich psychische Probleme wie eine Depression entwickeln. Im sozialen Umfeld kommt es häufig zum Rückzug des Betroffenen oder zu auffällig aggressivem Auftreten gegenüber anderen.
Therapie
Ansprechpartner kann zunächst der Hausarzt sein, die richtige Adresse ist ein Psychologischer Psychotherapeut. Wenn Eigenmaßnahmen nicht greifen, ist oft eine professionelle Therapie, verbunden mit einer Auszeit in einer spezialisierten Klinik notwendig. Für solche Maßnahmen muss ein psychologisches Gutachten vorliegen, damit die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte oder Krankenkasse die Kosten übernehmen. Die Behandlung eines Burn-out-Syndroms umfasst verschiedene Aspekte. Psychohygienische Selbstbehandlungsmöglichkeiten wie eine entspannende Freizeitgestaltung werden erlernt. Daneben gilt es, Stressquellen aufzuspüren und zu beseitigen. Aspekte wie „Grenzen setzen“ und „Nein-sagen-können“, das Formulieren realistischer Ziele, das Aufbauen sozialer Unterstützung, Zeitmanagement und positives Denken sind Bestandteile therapeutischer Gespräche. Diese sind oftmals verhaltenstherapeutisch orientiert. Möglich ist auch eine Psychotherapie, die versucht, Gründe in tiefer liegenden Ebenen aufzudecken. Therapieziel ist eine Veränderung der Lebensgewohnheiten, der Selbsteinschätzung und des Umgangs mit der als belastend empfundenen Situation. Je nach Beschwerdebild kann eine medikamentöse Therapie unterstützend herangezogen werden (Pflanzenheilmittel, Beruhigungs- und Schlafmittel, Neuroleptika und Antidepressiva).
Vorbeugung
Bestehen bereits Burn-out-Symptome, kann man zunächst versuchen, das Ganze selbst in den Griff zu bekommen. Hilfreich sind Aspekte wie Ausgleich zum Berufsleben (Hobby, soziale Kontakte, Freundeskreis), Entspannungsübungen, regelmäßige körperliche Aktivität, ausreichend Schlaf, physikalische Behandlungsmaßnahmen, Urlaub ohne Freizeitstress. Bewusste Zeit mit dem Partner/der Partnerin hilft Kraft zu tanken, ebenso gesundes Essen in Ruhe. Bezogen auf den Beruf sind folgende Maßnahmen sinnvoll: Das Arbeitsumfeld sollte überprüft, die Arbeitsgestaltung möglichst angepasst werden an realisierbare Anforderungen und weniger Kräfte zehrende Begebenheiten. Delegieren von Aufgaben gehört dazu, auch bewusste Pausennutzung (ohne Handy). Daneben ist es meist hilfreich, mit Freunden über die Situation zu sprechen. Ein weiterer Schritt kann der Austausch in einer Selbsthilfegruppe sein. Bleiben diese ersten Maßnahmen ohne spürbaren Erfolg, ist der Gang zum Arzt/Psychotherapeuten angeraten. Möglich ist eine Therapie parallel zum Alltagsgeschehen oder als letzter Schritt eine Reha/Kur.
Stress und die Folgen
Stress ist eine uralte körperliche Reaktion auf äußere Umstände, die uns in die Lage versetzt zum Beispiel fliehen oder kämpfen zu können. Dafür stellt der Körper Reserven bereit. Das Problem ist, dass wir heute diese Reaktionsweise kaum mehr benötigen. Trotzdem: Das körpereigene Stress-System funktioniert noch wie zur Zeit unserer Vorfahren. Auslöser des Stress-Systems: die Hormone Adrenalin und Cortisol. Adrenalin hat eine rasche Wirkung, die jedoch nur von kurzer Dauer ist. Es bewirkt eine beschleunigte Atmung, Steigerung des Blutzuckers und eine Erhöhung des Blutdrucks. Cortisol hat ähnliche Effekte, nur bauen sie sich langsamer auf und halten länger an. Ein dauerhaft erhöhter Blutdruck und Blutzuckerspiegel macht jedoch krank. Zudem fördert Cortisol die Fetteinlagerung im Bauch. Das Problem: Stress wird heute nicht mehr unmittelbar in Bewegung umgesetzt, das Cortisol nicht mehr abgebaut. So kann es für eine vorzeitige Arterienverkalkung mit Folgen wie Herzinfarkt und Schlaganfall sorgen. Die Stressoren in der heutigen Zeit haben sich immer mehr zu solchen verschoben, die das seelische Gleichgewicht der Menschen bedrohen. Dass das Stress-Hormon Cortisol stets aktiv ist, während das Stress dämpfende und ausgleichende Hormon DHEA sich mit dem Alter zunehmend reduziert, ist erwiesen. Die Folgen von Stress sind individuell.
Diagnose
Die großen Risiken wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht plötzlich, sondern schleichend entstehen. Durch MRT können krankhafte Veränderungen im gesamten Körper im Frühstadium erkannt und somit einer echten Heilung zugeführt werden. Als Präventionsmaßnahme werden die Kosten jedoch nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Durch Bestimmung von Laborwerten können viele Störungen und Erkrankungen bereits in Ihrem Frühstadium erkannt werden. Wer meint, unter chronischem Stress zu leiden, kann seinen Cortisolspiegel und die Konzentration des Antistresshormons DHEA im Blut messen lassen.
Therapie
Auch bei chronischem Stress kann man Techniken lernen und anwenden, die stressresistenter machen. Diese werden häufig in Therapien vermittelt. Dazu gehören Bewegungstherapie, Psychotherapie und Verhaltenstherapie.
Vorbeugung
Zur Vorbeugung von Stress gehören medizinische Prävention, mentale Stärke und das Management der Stressoren. Die medizinische Prävention umfasst Bewegung und gesunde Ernährung. Die Blutwerte verbessern sich, der Cortisolspiegel sinkt. Mentale Stärke kann man durch Entspannung gewinnen. So kann man auf die innere Bewertung der Stressoren Einfluss nehmen. Für die bewusste Entspannung gibt es individuelle Techniken (wie Yoga und autogenes Training). Wer lernt, sich bewusst zu entspannen, der wird besser schlafen und auch tagsüber vielen potentiellen Stressoren mit größerer Gelassenheit begegnen können. Das Management der Stressoren bedeutet Ballast abwerfen und Prioritäten setzen. Ein wichtiger Puffer ist und bleibt ein gutes soziales Netz und funktionierende zwischenmenschliche Beziehungen.
Buchtipps
- Bamberger, Christoph: Stress-Intelligenz. Verlag Droemer/Knaur (Februar 2007) ISBN 3426642816
- Peseschkian, Nossrat/Peseschkian Nawid: Erschöpfung und Überlastung positiv bewältigen. Verlag Trias (2003) ISBN 3-8304-3071-X
- Seiwert, Lothar: Noch mehr Zeit für das Wesentliche. Zeitmanagement neu entdecken. Ariston-Verlag (2006) ISBN 370528324